Die Weltumseglung der S.M. Fregatte Novara 18571859 |
|
Die Weltumseglung der S.M. Fregatte Novara (18571859) war das erste österreichische Unternehmen dieser Art und ein Prestige-Projekt der österreichischen Monarchie. Als Marine-Oberkommandant beauftragte Erzherzog Ferdinand Maximilian 1856 den damaligen Linienschiffskapitän Bernhard Freiherr von Wüllerstorf-Urbair mit der konkreten Planung einer Weltumseglung. Die vorrangigen Ziele der Expedition waren die Grundlagenforschung und Datenerhebung auf vielen Feldern der Naturwissenschaft sowie die Anknüpfung von Handelskontakten.
Am 30. April 1857 stach die österreichische S.M. Fregatte Novara von Triest aus in See. Die ungewöhnliche Reise dauerte 551 Tage und führte das Forschungsschiff über Südamerika, Afrika, Indien, China und Australien 51.886 Seemeilen rund um den Erdball. Die Besatzung des 50 Meter langen Schiffes bestand aus 345 Mannschaften und Offizieren sowie einem wissenschaftlichen Stab von 7 Personen.
|
|
|
Die Mission des kaiserlich-königlichen Kriegsschiffes war eine friedliche und stand im Zeichen von Innovation, Wissenschaft und Kommunikation. Trotz des Kriegsausbruchs zwischen dem französischen Kaiserreich und Sardinien Piemont auf der einen Seite und dem österreichischen Kaiserstaat auf der anderen wurde die S.M.S. Novara nicht angegriffen, sondern seiner wertvollen Ladung wegen unter Schutz gestellt lange vor Völkerbund und UNO bzw. UNESCO wurde bereits der Gedanke des Weltkulturerbes formuliert. „…denn die Wissenschaft ist Gemeingut aller Völker.“ (Napoleon III.)
|
|
|
|
>> top |
|
|
|
Expeditionspartner und Mitbetreiber: |
|
|
|
|
Kaiserliche Akademie der Wissenschaften
|
|
|
Geographische Gesellschaft
|
|
|
Geologische Reichsanstalt (Mineralogie und Paläontologie)
|
|
|
Zoologisch-Botanische Gesellschaft
|
|
|
Gesellschaft der Ärzte
|
|
|
Firmen und Handelstreibende boten ihre Produkte zu günstigen Bedingungen an.
Einige seien hier angeführt:
NM Rothschild & Sons
Das Londoner Bankhaus "NM Rothschild & Sons" gewährleistete einen Kreditrahmen von 32.000 Pfund Sterling, was etwa zwei Drittel der insgesamt aufzuwendenden Mittel in Höhe von 585.000 Österreichische Gulden abdeckte.
Schlumberger
stellte reichlich Weiß- und Rotwein sowie den Champagner „Vöslau-Goldeck“ zur Verfügung unter anderem sollte die Haltbarkeit der Weine bewiesen werden.
|
|
|
|
>> top |
|
|
|
Innovationen auf der S.M. Fregatte Novara 18571859 |
|
S.M.S. Novara war kein Expeditionsschiff im herkömmlichen Sinn, sondern eine Forschungs- und Testplattform zur Erprobung der neuesten Technologie.
|
|
|
Beispiele:
Draque - ein neuartiges Schleppnetz entwickelt vom Ichthyologen Prof. Goodsir aus Edinburgh wurde zur Untersuchung des Meeresbodens eingesetzt.
Destilliermaschine von M. Rocher aus Nantes wurde zur Aufbereitung des Trinkwassers erprobt.
Zukunftsweisend waren die neuen hygienischen Bedingungen an Bord für die Mannschaft.
„Melange d´Equipage“ (Modernste Konservennahrung von Chollet)
Komprimiertes, getrocknetes Gemüse in luftdicht verschlossenen Blechbüchsen zur Mannschaftsverpflegung, um der Verbreitung von Seuchen durch importierte Vorräte vorzubeugen.
Duschapparate spezieller Konstruktion für die Mannschaftsbäder wurden eingebaut.
Email-Gesundheitsgeschirr kam erstmals zum Einsatz und verbesserte die hygienischen Bedingungen an Bord erheblich.
Statistische Erfassung aller unter der Mannschaft aufgetretenen Infektionen und Krankheiten zur anschließenden Erstellung medizinischen Kartenmaterials für die Seefahrt.
|
|
|
|
>> top |
|
|
|
Wissenschaftliche Ergebnisse der S.M. Fregatte Novara 18571859 |
|
Die von der Akademie der Wissenschaften vorbereiteten und von Fachgelehrten unter der Leitung des Geologen Ferdinand von Hochstetter und des Zoologen Georg von Frauenfeld durchgeführten Forschungsreisen brachten international anerkannte Ergebnisse. Umfassende Untersuchungen wurden besonders auf St. Paul, den Nikobaren und in Neuseeland (wo Hochstetter blieb und die erste geologische Kartierung vornahm) durchgeführt; die meereskundlichen Forschungen, besonders im südlichen Pazifik, erhoben die Ozeanografie zu einer eigenen Wissenschaft. Die Sammlungen von botanischem, zoologischem (26.000 Präparate) und völkerkundlichem Material brachten wertvolle Bereicherungen der österreichischen Museen; die vielen erdmagnetischen Beobachtungen vermehrten die wissenschaftlichen Kenntnisse wesentlich. Die Mitnahme von Blättern des Coca-Strauchs ermöglichte es, 1860 das Kokain erstmals rein herzustellen.
Die Resultate wurden in dem 21-bändigen Werk der Akademie der Wissenschaften „Reise der österreichischen Fregatte Novara um die Erde“ (186176) und in einer populären Ausgabe unter dem gleichen Titel (3 Bände, herausgegeben von Karl Scherzer 186466) veröffentlicht. Die dreibändige Ausgabe, die reich mit Holzschnitten ausgestattet war, wurde zum Bestseller. Innerhalb eines Jahres war die erste Edition mit 5.000 Stück ausverkauft. Es war nach Alexander von Humboldts „Kosmos“ das meistgekaufte derartige Werk im deutschen Sprachraum.
|
|
|
|
>> top |
|
Medizin, Hygiene und Ernährung |
|
|
Erstmals besondere Berücksichtigung der hygienischen Versorgung der Mannschaft.
Statistische Erfassung aller unter der Mannschaft aufgetretenen Infektionen und Krankheiten zur anschließenden Erstellung medizinischen Kartenmaterials für die Seefahrt.
Gezielte Untersuchungen zum damals befürchteten Sterben der indigenen Bevölkerungen.
|
|
|
|
>> top |
|
Geologie |
|
|
„Physikalische und geognostische Erinnerungen“ von Alexander von Humboldt (am 8.4.1857 übermittelt) als Anregung zur Untersuchung der Meeresströmungen, wie dem Humboldt-Strom und diverser Vulkane.
Erste geologische Kartografierung Neuseelands durch Dr. Ferdinand von Hochstetter. Nach dem erzhaltigen Dun Montain prägte von Hochstetter den in der Petrografie geläufigen Begriff Dunit. Noch heute errinnern die Namen "Mount Hochstetter", "Hochstetter Dom" bzw. der "Novara Peak" in den südlichen Neuseeländer Alpen an die Verdienste von Hochstetters.
Erste Kartografierung der Inseln St. Paul und Kar Nikobar.
Messungen und globale statistische Aufstellung des Erdmagnetismus durch Vizeadmiral Bernhard von Wüllerstorf-Urbair und zahlreiche Seekadetten.
|
|
|
Zoologie und Botanik |
|
|
Über 200 neue Arten von Tieren und Pflanzen entdeckt.
Erste wissenschaftliche Beschreibung (Dr. Ferdinand von Hochstetter) eines Moa-Skeletts. Der Moa war ein bis zu drei Meter hoher straußenähnlicher Laufvogel, der seit dem 17. Jhdt. ausgestorben ist.
|
|
|
Chemie |
|
|
Durch die Mitnahme von Coca-Blättern (Erythroxylon Coca) erfolgte eine erste wissenschaftliche Analyse und die Entdeckung von drei chemischen Basen: das Kokain, das Ecgonin und das Hygrin.
|
|
|
|
>> top |